Künstliche Intelligenz gegen Krebs: So hilft KI den Klinik-Ärzten

Winnender Symposium Hämatologie und Onkologie der Rems-Murr-Kliniken mit Diskussion über die Zukunft der Krebsmedizin
Winnenden. Künstliche Intelligenz ist in aller Köpfe und Munde – auch in der Medizin, denn hier kann KI mindestens ebenso sinnvoll unterstützen wie etwa beim autonomen Autofahren oder beim Schreiben von Fußball-Spielberichten. Wie profitiert speziell die Krebsmedizin von KI? Immerhin ist Krebs in seinen vielfältigen Ausprägungen eine Erkrankung, bei der von der Diagnose über die Therapie bis zu Nachkontrolle und Dokumentation viele Berufsgruppen kompetent Hand in Hand arbeiten. Es liegt nahe, dafür auch die Fähigkeiten des menschlichen Gehirns um eine Intelligenzstufe zu erweitern.

Spannende Einblicke, wie KI den Klinik-Ärzten hilft, gab’s beim 7. Winnender Symposium für Hämatologie und Onkologie, das aktuelle Themen aus der Krebsmedizin von KI bis „Letzte Hilfe“ für Palliativpatienten bot. Der Veranstalter, die Fachklinik für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin am Rems-Murr-Klinikum Winnenden, setzt seit zehn Jahren Maßstäbe nicht nur in der modernen Krebstherapie, sondern auch in Fortbildung und Wissenstransfer zwischen Medizinern aus Klinikum, Kreis und Region mit dem ganzen Bundesgebiet. „Davon profitieren natürlich auch unsere Patientinnen und Patienten hier in den Rems-Murr-Kliniken“, sagt der Winnender Chefarzt Prof. Markus Schaich. „Denn in der Medizin sind gute Netzwerke Gold wert. Deshalb organisieren wir das ganze Jahr über den Austausch von Fachinformationen – sei es beim Symposium vor Ort hier im Kärcher Auditorium oder nahezu wöchentlich mit Online-Live-Konferenzen, zu denen wir Experten verschiedener Themen einladen.“

Experte beim Thema KI in der Krebsmedizin ist Prof. Uwe Martens, Klinikdirektor Innere Medizin im Heilbronner Klinikum am Gesundbrunnen. Der Onkologe beschreibt einen wichtigen Benefit, den die Künstliche Intelligenz für Patienten und Ärzte bietet: Sie imitiert menschliche Gehirnleistungen, indem sie Informationen aus Daten erkennt, sortiert und Probleme löst. „KI ist zum Beispiel sehr gut darin, Muster zu erkennen. Darauf kann man sie perfekt trainieren und in der Krebsdiagnostik für die Analyse von Bildern einsetzen.“

Oft sind es nämlich Bilder, mit denen Mediziner dem Krebs auf die Spur kommen – zum Beispiel beim Absuchen der menschlichen Haut nach verdächtigen Leberflecken oder Veränderungen, denn diese könnten auf Hautkrebs deuten. Heute macht das üblicherweise noch der Hautarzt mit bloßem Auge. „Aber der Computer kann lernen, Hautkrebs zu entdecken, und ist darin dann viel genauer als der Arzt“, so Martens, der das mit Zahlen belegt. „Vergleichsstudien, an denen 589 Dermatologen aus 17 Ländern teilnahmen und mehr als 100.000 Bilder auswerteten, haben bewiesen: Eine KI-Maschine findet 95 Prozent der Melanome an den Versuchspersonen. Die menschlichen Dermatologen selbst kamen nur auf 86,6 Prozent.“

Auch in der Radiologie legt KI eine steile Lernkurve hin, wenn es darum geht, Röntgenbilder sowie Aufnahmen aus Magnetresonanz- oder Computertomografen auszuwerten. „Heute sind wir bereits soweit, dass die KI hier genauso gut ist wie die menschlichen Spezialisten, die solche Bilder auswerten. Weil die KI aber schneller lernt, als wir uns verbessern können, wird uns die KI auch hier in naher Zukunft klar überlegen sein“, sagt Martens.

Beispiel für den KI-Einsatz ist die Brustkrebsfrüherkennung mit Hilfe der Mammografie. Hier hilft die KI, Auffälligkeiten im Röntgenbild noch treffsicherer als Krebs oder Krebsvorstufe einzustufen und schnell handeln zu können. Bei harmlosen Befunden hingegen bleiben den Frauen weitere Untersuchungen wie etwa die Gewebsentnahme (Biopsie) erspart.

In der Krebstherapie lassen sich mittels KI nicht nur die Workflows optimieren, mit denen unterschiedliche Teams zusammenarbeiten, sondern zum Beispiel auch die Strahlentherapie noch genauer aussteuern. Das verringert die Belastung für Krebspatienten. Auch der Verlauf einer Therapie lässt sich mit Hilfe künstlicher Intelligenz genauer überwachen – von der Dokumentation von Schmerzen und Beschwerden bis zur Unterstützung bei der Forschung: Diese wird KI vorantreiben, indem sie etwa das Sammeln und Auswerten von Daten unterstützt.

Die KI hat also gerade in der Krebsbekämpfung ein großes Potenzial. Aber auch beim KI-Einsatz in der Medizin geht es wie in anderen Bereichen um Kernfragen wie diese: Kann sie das Urteil des Arztes ersetzen? Oder ergänzt sie seine Fähigkeiten und erleichtert ihm die Arbeit, etwa beim Verfassen von Arztbriefen oder in der Kommunikation? Darauf gemeinsam Antworten zu finden, ist eine spannende, wichtige Zukunftsaufgabe. Darin sind sich beim Winnender Symposium für Hämatologie und Onkologie alle Teilnehmer rund um Gastgeber Prof. Markus Schaich vom Rems-Murr-Klinikum einig. Klar ist: KI kann die Arbeit in der Klinik sehr gut ergänzen, aber den Arzt nicht ersetzen. Denn die KI hat anders als der Mensch kein Bauchgefühl, und in der Medizin geht es nicht nur ums Datensammeln, sondern um Sinnzusammenhänge. „Wir dürfen der KI nicht blind vertrauen“, appellieren Referent Martens und Veranstalter Schaich. „Vielmehr gehört die Zukunft auch in der Medizin der hybriden Intelligenz, bei der KI und Mensch zum Wohle der Patienten zusammenarbeiten.“